Du bist ein Gott, der mich sieht
Kennen Sie den sogenannten Vorführeffekt?
Schon schaut einer zu, geraten die Dinge anders als gewohnt. Meistens geht etwas daneben. Was eigentlich sicher saß, auf einmal ist es zunichte. Ärgerlich. Manchmal ist es aber auch besser als gedacht! Wenn mich einer beobachtet, sein Augenmerk auf mich richtet, dann verändert sich etwas. Das ist selbst in der Quantenphysik so. Eine der sonderbarsten Annahmen der Quantentheorie, die Philosophen wie Physiker schon seit langem fasziniert, lautet, dass durch die Beobachtung einer Gegebenheit der Beobachter diese beeinflusst.
In einer Studie führten Forscher am Weizmann-Institut ein kontrolliertes Experiment durch, das demonstriert, wie Elektronen durch den Akt der Beobachtung beeinflusst werden.
Man kann nicht beobachten, ohne zu verändern. Werner Heisenberg
Was bei Elektronen der Fall ist, geschieht auch bei uns Menschen. Die Art und Weise, wie wir uns gegenseitig beschauen und beantworten, hat Auswirkung auf die eigene Realität. Sehen und Gesehenwerden. Nicht gesehen zu werden in dem, was einer tut, kann und leistet, macht krank. Nichtbeachtung ist Vernachlässigung.
Die Jahreslosung für das Jahr 2023 lautet: Du bist ein Gott, der mich sieht. ( 1. Mose 16,13)
Ihn spricht eine ausgestoßene Frau, die alleine in der Wüste umherirrt. Sie ist Stammmutter des Islams. Hagar, die zusammen mit Abraham Ismael zeugt. Sie erfährt, dass Gott sie sieht. Das allein schon verändert ihre Situation. Im Glauben an einen liebevollen, verstehenden Gott entsteht eine innere Repräsentanz, die einen Menschen unabhängig von den Begutachtungen anderer macht. Durch die Erfahrung von Gott gesehen zu werden, weiß sie, dass ihre Würde unantastbar ist. Sie lässt sich leiten allein von diesem in Würde und Liebe getragenen Blick. Wer das erfährt und das selbst lebt und ausstrahlt, auf dem liegt Segen.
Ihre Pfarrerin Claudia Henrich-Eck